- Cohn Kaempfer (1821-1901), Sohn von Henriette geb. Loewe (1787-1841) und Jacob Kaempfer (1786-184?) ist ein Enkel von Sarah und Adolf Phillip.
- Eine weitere Linie führt über Isaak (*1833) und Helmine geb. Lewinsohn (1842-1889) (4) zu Georg Kaempfer (1883-1942), der mit seiner Frau Herta geb. Bergheim (*1893 in Schwerenz) und den beiden Töchtern Evelyne (*1922) und Marion (*1925) in Sobibor umgebracht wurde. Dieses durch Zufall entdeckte Ereignis aus einer vergangen geglaubten Zeit gab den Ausschlag für die vorliegende Recherche. In der Folge erfuhr ich, dass auch Georgs - mit Sigismund Deutsch verheiratete - Schwester Hedwig (1871-1942) sowie ihr Sohn Helmuth (*18.12.1894 in Breslau) nach Theresienstadt deportiert und ermordet wurden.
- Ein dritter Zweig führt zu Paul Kaempfer (1836-1919), dessen verwandschaftliche Beziehung zu Cohn und Isaak zu ermitteln wäre [siehe dazu die Posener Adressbücher]. Wie ich erst vor kurzem erfahren habe, wurde Sohn Gustav (1864-1943) mit seiner Gattin Paula geb. Mottek (*1873) von Oppeln nach Theresienstadt deportiert und dort ermordet. Auch Käthe geb. Ledermann (1881-1943), die mit Pauls anderem Sohn Felix (1869-1920) verheiratet war, wurde in Auschwitz umgebracht.
- Aus der Ehe von Sarah und Louis Kaempfer gehen zwei in Wreschen geborene Söhne hervor, die sich früh in Amerika etabliert haben: Jacob (*1845) kam anscheinend schon 1861 in New York an und Max (*1848) folgte im Juni 1871 (über Australien) (5).
- Kinder von Emilie und Cohn, Helmine und Isaak, Sarah und Louis wandern zwischen 1860/70 und 1880/90 in die USA aus und lassen sich zumeist im Raum New York nieder.
- Ein weiterer Sohn von Emilie und Cohn - mein Urgroßvater David Kaempfer (1859-1940) - etabliert sich ab 1884 in Braunschweig.
- Sein Bruder Louis zieht 1896 mit seiner Familie nach Berlin. Louis' Sohn Richard Kaempfer ist ab den 1910er Jahren politisch aktiv in München und flieht 1933 nach Paris; bei Kriegsende zieht er zu seiner Tochter nach Schenevus (New York State). Louis' anderer Sohn Emil Kaempfer geht in den 1920er Jahren als Ornithologe nach Brasilien und lebt dann in São Paulo. Louis' Tochter Johanna (Herrmann) wird 1942 von Berlin ins Ghetto von Piaski bei Lublin deportiert. Ort und Datum ihrer Ermordung sind bis jetzt nicht bekannt. - 1934 kommt auch Cohns Enkel, mein Großvater Hans Kaempfer (1896-1974) mit seiner Familie aus Braunschweig nach Berlin. Ein gefälschter "Ariernachweis" bewahrt Cohns Nachkommen vor dem Schlimmsten (7).
- Bei Ausbruch des 1. Weltkriegs ist Georg - Sohn von Helmine und Isaak - mit seiner Familie in Saarbrücken. 1939 werden sie nach Halle umgesiedelt, 1942 nach Sobibor abtransportiert und dort umgebracht. Nur die älteste Tochter Ingeborg (1915-1977) schafft es über Frankreich nach Palästina (später Haifa).
- Georgs Schwester Hedwig und Sohn Helmuth Deutsch sind in Breslau ansässig. Sie werden 1942 nach Theresienstadt deportiert und ermordet.
- Der Mediziner Gustav Kaempfer - Sohn von Käthe und Paul - hat seine Praxis noch 1936/37 in Oppeln. Mit seiner Frau Paula wird er ebenfalls in Theresienstadt umgebracht. - Gustavs Sohn Ludwig (1901-1947) kann anscheinend, trotz Internierungen in Dachau und Buchenwald, von Berlin über England nach Montréal (Québec, Kanada) entkommen, wo er früh stirbt.
- Die Familie von Gustavs Bruder, Dr. jur. Felix Kaempfer, wandert anscheinend noch vor 1933 von Berlin nach Holland aus. Sohn Heinz stirbt am 14. März 1986 in Den Haag und Enkel Raymond lebt heute als Forscher und Professor in Jerusalem.
Problematisch ist die Spurensuche nach den Mädchen und Frauen der Familie: Zum einen wechseln sie bei der Heirat den Nachnamen; zum anderen sind sie in jenen Jahren kaum als berufstätig gemeldet und erscheinen deshalb auch nicht namentlich in den Adressbüchern, die meist nur das männliche "Familienoberhaupt", oder Witwen und alleinstehende Frauen anführen. - Ein zweiter Punkt ist das Fehlen von Dokumenten und Urkunden für die Bürger der jüdischen Gemeinden aus der Zeit vor 1870. Das erschwert die Recherche über die Ursprünge der Familie, zumal die ältere Generation das Licht der Welt nicht in Posen, sondern in der 50 Km entfernten Stadt Wreschen erblickte, die somit als "Stammsitz" der Posener Kaempfers gelten kann. Ohne offizielle Unterlagen bleibt jedoch ihre Verwandtschaft nur eine - wenn auch plausible und auf nachvollziehbaren Indizien beruhende - Hypothese.
Die Methode dieser der Wahrheit verpflichteten Recherche ist streng empirisch. Sie will nichts ein für alle Mal beweisen oder erklären, keine moralischen Urteile fällen. Ihr Ziel ist es, durch behutsames Herantasten ein Bild entstehen zu lassen, das etwas mehr vom Leben der Vorfahren vermittelt, als ihre Namen, Adressen, Berufe, Geburts- und Todesdaten verraten. Die verwandtschaftlichen Beziehungen können als Rahmen dienen, um einen Zeit-Raum zu erkunden, in dem es noch wenig personenbezogenes Material gab, ganz zu schweigen von den Selbstdarstellungen in den zeitgenössischen Medien. Auch wenn sie andere Namen trugen, andere Sitten, Religionen, Anschauungen teilten, geht es darum, die Geschichte unserer Vorfahren zu verstehen, denn nur durch ihre Überzeugungen und Handlungen, ihre Träume und Legenden, ihre Fehler und Versäumnisse, ihre Erziehung und Moral, ihr unsägliches Leid und hart erkämpftes Glück sind wir zu den Menschen geworden, die wir heute sind.
Mit der diesem Projekt eigenen Form und Struktur sind Wiederholungen unvermeidlich. Auch werden offensichtlich falsche Informationen im Lauf der Zeit stillschweigend korrigiert oder mit Anmerkungen versehen, wenn neue Belege (wie zum Beispiel die Posener Urkunden) oder weiterführende Erkenntnisse vorliegen. Dabei möchte ich ausdrücklich betonen, dass Kommentare der geneigten Leserschaft herzlich willkommen sind und Fragen nach bestem Wissen beantwortet werden. - Wie schon angedeutet, ist es meine Absicht, über den vorgegebenen Rahmen einer Familiengeschichte und genealogischen Recherche hinaus dieses Projekt auch für Außenstehende interessant zu gestalten. Das jedoch setzt einen historischen Wert voraus, den ich nur anstreben nicht aber voraussetzen kann, denn seine Einschätzung obliegt denen, die in diesen Geschichten ein Stück ihrer eigenen Vergangenheit erblicken.

Anmerkungen
(1) Siehe die Geschichte der Stadt unter www.poznan.pl
(2) Es handelt sich um den Bericht von Gerhard Petzold, einem Cousin meines Vaters Wolfgang. Auszüge auf den David und die "Ursprünge" betreffenden Seiten.
(3) Gerhard nennt zwei verschiedene Geburtsdaten von Johann: das eine in dem von ihm erstellten Stammbaum (1689), das andere im Text seines elfseitigen Berichts (1694). Die von ihm postulierte Verwandtschaft der Posener Kaempfers mit dem Lemgoer Pastor Johannes Kemper (1610-1682), Vater des einst berühmten Forschungsreisenden Engelbert Kaempfer (1651-1716), konnten meine eigenen Recherchen weder bestätigen noch widerlegen. Jedoch habe ich gefunden, dass die von Gerhard angeführte Ahnenfolge so nicht stimmen kann. Siehe dazu meinen Kommentar in den "Mutmaßungen über die Ursprünge".
(4) Wie ich hier erfahre, war Isaak der Sohn von Louis Kaempfer (*etwa 1800 in Posen), der 1834/44 als Schneider in Wreschen lebte und dort auch gestorben ist. Das von dieser Quelle angegebene Geburtsdatum von Isaak dürfte jedoch falsch sein. Als Geschwister von Isaak werden Hulda (1851-1920) und Felix (1869-1920) (!) genannt. Letzterer .aber ist erwiesenermaßen ein Sohn von Paul.
(5) Die Namen von Sarah und Louis Kaempfer erscheinen auf Maxens Heiratsakte vom 30.9.1880 in Manhattan [hier]. Allerdings wird die weitere Recherche in Posen und Wreschen schwierig: "Das Staatsarchiv in Poznań teilt mit, dass es in seinen Archivbeständen keine metrischen Aufzeichnungen der jüdischen Gemeinde in Poznań aus der Zeit des achtzehnten bis neunzehnten Jahrhunderts gibt. - Daher können wir keine Suche nach den für Sie interessanten metrischen Datensätzen durchführen." (automatische Übersetzung aus dem Polnischen, Mail vom 13.1.2020)
(Geburtsort Wreschen in Grün, New York in Rot, Posen in Schwarz)
Adolph Phillip Kaempfer (*1744) heiratet 1779 in Posen Sarah Wendel (*1856) | ||||
Jacob (*1786)
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Cohn (*1821)
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Louis (*?)
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Isaak (*1833)
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Paul (*1836)
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Jacob (*1845)
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Max (*1848)
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Isaak (*1847)
Ulrika (*1849) Louis (*1851) Jacob (*1853) Abraham (*1855) Moritz (*1857) David (*1859) |
Martin (*1868)
Hugo (*1869) Hedwig (*1871) Lucie (*1876) Ludwig (*1878) Georg (*1883) |
Gustav (*1864)
Felix (*1869) Martha (*1873) |
Louis J. (*1886)
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Louis G. (*1881)
Bertram (*1886) Jacob C. (*1890) |
(6) Ich lese auf Wikipedia [hier]:
"Września (deutsch Wreschen) ist eine Stadt in Polen in der Woiwodschaft Großpolen etwa 50 km östlich von Posen. Der Name der Stadt stammt von einem Heidekraut, das in der Gegend verbreitet war. Vermutlich wurde zunächst der Fluss Wrześnica so genannt und später nach dem Fluss auch der Ort. [...] Nach der Zweiten Teilung Polens 1793 gehörte die Stadt zu Preußen. Von 1807 bis 1815 war sie Teil des Großherzogtums Warschau. Wreschen wurde 1818 Sitz des neu gebildeten Landkreises Wreschen in der Provinz Posen. - Die Stadt war weiterhin in Privatbesitz, Besitzer waren die Poniński. Erst 1833 wurde die Szlachta entmachtet und die Stadt begann 1841 ihre Selbstverwaltung. 1837 brannte die hölzerne Synagoge ab, sie wurde 1875 durch eine neue, gemauerte ersetzt. Ein Landratsamt, ein Amtsgericht sowie ein Kreislazarett wurden errichtet. - Ab dem 19. Jahrhundert belebte sich die Wirtschaft in Wreschen deutlich. 1875 erfolgte der Anschluss an das Schienennetz. Der Bahnhof lag an den Linien Jarotschin-Gnesen, Wreschen-Strzalkowo und Glowno-Wreschen der Preußischen Staatsbahn. Es entstanden unter anderem eine Fabrik für Landwirtschaftsmaschinen, eine Zuckerfabrik und ein Kraftwerk. Des Weiteren gab es im Ort ein Warendepot der Reichsbank, einen Vorschussverein, eine Ölmühle, Dampfmahlmühlen und Getreidehandel. - 1905 lebten etwa 7000 Menschen in der Stadt. 65,4 % waren Polen, 28,9 % Deutsche und 5,5 % Juden."(7) Der Vorname Cohn wurde in John umgewandelt und die jiddische Ehe mit Emilie unter evangelisch-lutherische Vorzeichen gesetzt. Der mit einer "Christin" verheiratete David sowie seine Kinder (5) und Enkel (8) waren dadurch aus der Schusslinie.
NB. - Kontakt / Kommentare auf: https://skaempfer.blogspot.com/